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German Desk
Initiativentwurf für das Gesetz „Wet verantwoord en duurzaam internationaal ondernemen
Mark Huizenga und Ilse Ekkel

Am 1. November 2022 wurde der Entwurf für das Gesetz „Wet verantwoord en duurzaam internationaal ondernemen“ (Gesetz über ein verantwortungsvolles und nachhaltiges, internationales unternehmerisches Verhalten“; hiernach: „Gesetzentwurf“) offiziell bei der Tweede Kamer, der Zweiten Kammer des Parlaments der Niederlande, eingereicht. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in der Wertschöpfungskette von international tätigen Unternehmen entgegenzuwirken. Dazu gehören Fälle von Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit und des Rechts auf Tarifverhandlungen, Diskriminierung, Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Klimawandel, Umweltschäden, unsichere Arbeitsbedingungen, Verstöße gegen Tierschutzbestimmungen, Sklaverei oder Ausbeutung. 

Der Gesetzentwurf stützt sich auf seit langem bestehende internationale Standards für Wirtschaft und Menschenrechte, darunter die UN-Leitprinzipien („UN Guiding Principles“) und die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen („OECD Guidelines for multinational enterprises“). Der Gesetzentwurf sieht die Umsetzung der von der Europäischen Kommission im Februar 2022 eingereichten „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ („CSDDD“) vor. Zwar stimmen Gesetzentwurf und CSDDD in vielen Punkten überein, aber in einigen Punkten geht der Gesetzentwurf weiter als der Entwurf der CSDDD. Der niederländische Gesetzentwurf wird vor allem von der Wirtschaft kritisiert. Der Sociaal-Economische Raad (Sozialökonomischer Rat, kurz: „S.E.R.“) ist ebenfalls kritisch. Insbesondere der Anwendungsbereich und die Sanktionen im Falle eines Verstoßes gegen den Gesetzentwurf werden diskutiert. Die Einführung des Gesetzentwurfs kann nämlich zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen für große Unternehmen führen, die in den Niederlanden tätig sind. Nach Ansicht von Kritikern könnte dies dazu führen, dass das niederländische Investitionsklima wesentlich unattraktiver wird. 

Anwendungsbereich
Der Gesetzentwurf gliedert sich in eine Sorgfaltspflicht für jedes Unternehmen und eine obligatorische Sorgfaltsprüfung für große Unternehmen mit internationalen Aktivitäten (eine Zweistufenrakete). Die Sorgfaltspflicht bezieht sich auf den fortlaufenden Prozess, durch den ein Unternehmen die potenziellen und tatsächlichen negativen Auswirkungen seiner Tätigkeiten und Geschäftsbeziehungen in einem Land außerhalb der Niederlande auf die Menschenrechte und die Umwelt untersucht, verhindert, abmildert oder beendet und durch den es über seinen Umgang mit diesen Auswirkungen als integralen Bestandteil seines Entscheidungsprozesses und seines Risikomanagementsystems Rechenschaft ablegen kann. 

Große Unternehmen sind solche, die am Bilanzstichtag mindestens zwei der drei folgenden Kriterien überschreiten: 

  1. eine Gesamtbilanz von 20 Mio. Euro; 
  2. einen Nettoumsatz von 40 Mio. Euro; und/oder 
  3. einen durchschnittlichen Personalbestand von 250 Arbeitnehmern während des Geschäftsjahres. 
Die CSDDD geht momentan noch von den folgenden Kriterien aus: (i) Nettoumsatz von 150 Mio. Euro; und (ii) durchschnittlicher Personalbestand von 500 Arbeitnehmern während des Geschäftsjahres. Darüber hinaus gilt die CSDDD auch für Unternehmen, die die oben genannten Schwellenwerte nicht erreichen, aber in Hochrisikosektoren tätig sind. Die Mitgliedstaaten haben sich noch nicht auf den endgültigen Anwendungsbereich der CSDDD geeinigt. Inzwischen hat der Rat der Europäischen Union am 30. November 2022 die allgemeine Ausrichtung zur CSDDD angenommen. Darin vertritt der Rat der Europäischen Union den Standpunkt, dass die neuen Vorschriften in einer Einführungsphase schrittweise eingeführt werden sollen. In den ersten drei Jahren nach Inkrafttreten der CSDDD gelten die Verpflichtungen nur für sehr große Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern und einem weltweiten Nettoumsatz von 300 Mio. Euro.

Am 1. Januar 2023 ist in Deutschland das deutsche Pendant des Gesetzentwurfs und der CSDDD in Kraft getreten, nämlich das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz („LkSG“). Das LkSG geht wie die CSDDD von einer Einführungsphase aus. Das LkSG gilt momentan für Unternehmen, die ihre Geschäftsstelle und mehr als 3.000 Arbeitnehmer in Deutschland haben. Ab dem 1. Januar 2024 wird die Anzahl der Arbeitnehmer auf 1.000 herabgesetzt. 

Kontrolle und Durchsetzung 
Die CSDDD sieht nur eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht vor, wenn bestimmte Sorgfaltspflichten nicht eingehalten wurden. Bei Verstößen gegen Sorgfaltspflichten enthält der Gesetzentwurf mehrere Sanktionen. Neben verwaltungsrechtlichen Sanktionen, die die Autoriteit Consument & Markt verhängen kann, z.B. ein Verwaltungszwang oder das Verhängen von Zwangsgeldern, ist im Gesetz über Wirtschaftsdelikte (Wet op de economische delicten) auch ein Straftatbestand in Form einer Ordnungswidrigkeit vorgesehen. Wird die Sorgfaltspflicht nicht jährlich von der Geschäftsführung bzw. dem Vorstand gemeldet, riskiert der Geschäftsführer/Vorstand eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten, gemeinnützige Arbeit oder eine Geldstrafe der vierten Kategorie von 22.500 Euro. 

Abschließend
Die internationale soziale Verantwortung der Unternehmen hat in den letzten Jahren einen hohen Stellenwert auf der nationalen und europäischen Agenda. Sowohl in Bezug auf den Geltungsbereich als auch auf die Sanktionen soll der Gesetzentwurf über die CSDDD hinausgehen. Ein gängiger Kritikpunkt ist daher die Unklarheit über die Bedeutung des Begriffs „nachteilige Folgen“ und ihre möglichen Folgen. Am 18. Januar 2023 fand ein Round-Table-Gespräch vor dem ständigen Ausschuss für Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit („vaste commissie voor Buitenlandse Handel en Ontwikkelingssamenwerking“) statt. Bei dieser Diskussion äußerten sich auch externe Interessengruppen zu dem Gesetzentwurf. Der Bericht – die schriftlichen Fragen und Kommentare des ständigen Ausschusses zum Gesetzentwurf – wurde am 27. Januar 2023 vorgelegt. Es liegt an den Initiatoren, die Fragen in dem Bericht angemessen zu beantworten, woraufhin die öffentliche Diskussion über den Gesetzentwurf beginnen wird. 

Sollten Sie Fragen zu diesem Thema und den weiteren Entwicklungen haben, stehen Ihnen unsere Mitarbeiter des German Desk sehr gerne zur Verfügung.
 
 
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