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Rügepflicht vs. Innenhaftung der Geschäftsführung
Emma Geertman
Die Rügepflicht, ein Mittel, um der Innenhaftung der Geschäftsführung zu entgehen?
Die Rügepflicht
Die Rügepflicht aus Artikel 6:89 BW besagt, dass sich ein Gläubiger nicht mehr auf einen Mangel der Leistung des Schuldners berufen kann, wenn er den Schuldner nicht innerhalb angemessener Zeit, nachdem er den Mangel entdeckt hat oder vernünftigerweise hätte entdecken müssen, gerügt hat. Der Gläubiger muss also proaktiv handeln. Rügt der Gläubiger nicht rechtzeitig, dann führt dies zu einer Verwirkung des Rechts. Eine drastische Sanktion. 

Die Idee hinter der Rügepflicht ist es, den Schuldner bis zu einem gewissen Grad zu schützen. Der Schuldner kann vom Gläubiger erwarten, dass er „mit der gebotenen Sorgfalt“ prüft, ob die Leistung der Verpflichtung entspricht, und dass er im Falle einer mangelhaften Leistung den Schuldner rechtzeitig rügt. Wenn der Gläubiger erst zwei Jahre nach Entdeckung der mangelhaften Leistung rügt, kann es für den Schuldner praktisch unmöglich sein:

  1. zu prüfen, ob die Leistung tatsächlich mängelbehaftet ist; und
  2. Einwände zu erheben (z.B. dass der Mangel nicht auf ihn zurückzuführen ist).

Kurz gesagt, die Rügepflicht dient dem Schutz des Schuldners.

Die Innenhaftung der Geschäftsführung
Aufgrund von Artikel 2:9 BW kann ein Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft haftbar sein, wenn er seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Ein Geschäftsführer haftet erst, wenn ihm ein persönlicher schwerwiegender Vorwurf gemacht werden kann. Das kann der Fall sein, wenn ein Geschäftsführer dem Unternehmen Vermögenswerte entzieht, einen Beschluss ohne die satzungsgemäße Zustimmung der Gesellschafterversammlung fasst oder im Rahmen eines Interessenkonflikts handelt.

Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob einem Geschäftsführer, in einer konkreten Situation, ein persönlicher schwerwiegender Vorwurf gemacht wird und er gegenüber der Gesellschaft haftet. Wenn ein Geschäftsführer seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt, haftet er für den Schaden, der der Gesellschaft entsteht. 

Eine Gesellschaft kann mehrere Geschäftsführer haben, die zusammen die Geschäftsführung bilden. Wenn einer der Geschäftsführer seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt, sind in der Regel alle Geschäftsführer haftbar, die sogenannte gesamtschuldnerische Haftung. Es ist jedoch möglich, dass sich ein einzelner Geschäftsführer selbst entlastet: Er weist dann nach, dass ihm kein schwerwiegender Vorwurf gemacht werden kann und dass er nicht fahrlässig gehandelt hat, um die Folgen nicht ordnungsgemäßen Geschäftsführung zu verhindern oder zu begrenzen.

Rügen erforderlich bei der Innenhaftung der Geschäftsführung?
Die Rechtsprechung war lange Zeit zweigespalten im Hinblick auf die Frage, ob die Rügepflicht auf Ansprüche aus der Innenhaftung der Geschäftsführung Anwendung findet (Artikel 2:9 BW). Kann ein Geschäftsführer der Innenhaftung entkommen, indem er das Argument vorbringt, die Gesellschaft habe nicht rechtzeitig gerügt? Auch in der Literatur gab es eine Debatte zu diesem Thema. In seinem Urteil vom 26. April 2024 hat der Hoge Raad klargestellt und entschieden, dass sich ein Geschäftsführer nicht auf einen Verstoß gegen die Rügepflicht berufen kann, um eine Klage aufgrund der Innenhaftung abzuwehren. Dies hängt mit dem Rechtsverhältnis zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft zusammen. Es kann der Gesellschaft kaum zum Vorwurf gemacht werden, dass sich der Geschäftsführer während seiner Anstellung nicht über die nicht ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben beschwert hat. Schließlich vertritt der Geschäftsführer die Gesellschaft und muss rechtzeitig rügen.

Dasselbe gilt, wenn eine Gesellschaft mehrere Geschäftsführer hat: Ein Geschäftsführer kann sich nicht (erfolgreich) auf die Rügepflicht berufen. Im Rahmen der Innenhaftung der Geschäftsführung sind alle Geschäftsführer haftbar, wenn einer von ihnen seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Auch hier müsste ein Geschäftsführer de facto sein eigenes Handeln rügen. Es wäre nicht wünschenswert, wenn der Geschäftsführer den Einwand erhebt, dass dies nicht rechtzeitig geschehen ist.

Schlussfolgerung
Der Hoge Raad hat in seinem Urteil vom 26. April 2024 entschieden, dass die Rügepflicht nicht für die Innenhaftung der Geschäftsführung gilt. Die Beziehungen zwischen dem Geschäftsführer einerseits und der Gesellschaft andererseits schließen dies aus.


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